Insolvenz der Arbeitslosenselbsthilfe – Arbeit für alle – e.V. Wedel Übersicht über Presseartikel

25. Februar 2012: Einigung: "Arbeit für alle" atmet auf, WEDEL-Schulauer Tageblatt

04. Februar 2012: Die Talsohle ist durchschritten, WEDEL-Schulauer Tageblatt

01. Juni 2011: Steuerschuld: Die Angst ist vorbei, WEDEL-Schulauer Tageblatt

03. Juni 2011: Vergleich beendet Streit mit Finanzverwaltung, Hamburger Abendblatt

08. März 2011: Arbeitslose kämpfen um Existenz, Hamburger Abendblatt

05. März 2011: Jetzt müssen wieder neue Aufträge her, WEDEL-Schulauer Tageblatt

06. November 2010: Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe bangt ums Leben ihres Vorstands, Hamburger Abendblatt

27. September 2010: Große Hilfe für die Selbsthilfe, WEDEL-Schulauer Tageblatt

16. September 2010: Kunst für Arbeitslosenselbsthilfe, Hamburger Abendblatt

15. September 2010: Künstler zeigen sich solidarisch, WEDEL-Schulauer Tageblatt

10. Juli 2010: Künstler wollen Helfern helfen, WEDEL-Schulauer Tageblatt

15. Juni 2010: Arbeitslosenselbsthilfe Wedel schöpft neue Hoffnung, Hamburger Abendblatt

2. Juni 2010: "Arbeit für alle" schöpft Hoffnung, WEDEL-Schulauer Tageblatt

27. März 2010: Steuer-Forderungen versetzen dem Verein den Todesstoß! Der schwere Gang zum Amtsgericht, Hamburger Abendblatt

26. März 2010: "Arbeit für alle": Aus und vorbei, WEDEL-Schulauer Tageblatt

26. März 2010: Sozial-Projekt: Verein muss Insolvenz anmelden! Die Wedeler Arbeitslosen-Selbsthilfe ist am Ende, Hamburger Abendblatt

Die Artikel im Einzelnen.

WEDEL-Schulauer Tageblatt


Einigung: "Arbeit für alle" atmet auf

25. Februar 2012 | 00:10 Uhr | von Sven Kamin


WEDEL. Es war ein Signal der Freude: Gestern hängten Mitglieder der Arbeitslosenselbsthilfegruppe "Arbeit für alle" Wedel das Transparent an der Fassade ab: "Wir brauchen Hilfe", war darauf zu lesen. Doch die größte Not hat der Verein, den gewaltige Steuernachforderungen der Finanzämter Pinneberg und Itzehoe von mehr als 80 000 Euro drückten, nun überstanden. Am Mittwoch stimmten die Anwesenden der Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu, den der Insolvenzverwalter vorgelegt hatte. "Der Verein ist wieder solvent" freute sich Irmgard Jasker von der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel. "Der Insolvenzverwalter wird nun entsprechend der mit den Gläubigern getroffenen Einigung das Geld überweisen", erklärte Jasker die nächsten Schritte.

Wie berichtet sah der Einigungsvorschlag der Arbeitsloseninitiative vor, den Finanzämtern etwa 20 000 Euro anzubieten, damit diese ihrerseits auf weitere Forderungen verzichten. Das Geld war durch eine umfangreiche Spendensammlung des Vereins zusammengekommen.

Aus diesem Grund bedankt sich die Arbeitslosenselbsthilfe jetzt bei all jenen, die durch ihre Spende den Verein unterstützt haben. "Unser Dank geht an alle, die es ermöglichten, dass der Verein bisher weiterarbeiten konnte und hoffentlich auch weiterarbeiten kann", sagte Hans-Günter Werner.

Denn in der Tat hatten die Vereinsmitglieder das Beratungsangebot auch unter den erschwerten Bedingungen des Insolvenzverfahrens aufrecht erhalten. In dieser Zeit mussten alle Ausgaben vom Insolvenzverwalter abgesegnet werden: "Es ging vor allem darum, das Ganze am Laufen zu halten. Deshalb wurden hauptsächlich nur die laufenden Kosten, wie Miete und Strom, freigegeben", schildert Jasker. Ausdrücklich hob der Verein auch die Hilfe durch den Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Edzard Treyde hervor. Dieser war dem Projekt 2010 durch die NDR-Sendung "Menschen und Schlagzeilen" vermittelt worden. "Seitdem hat er mit großem Engagement und noch größerer Sachkunde den Verein ehrenamtlich beraten", lobte Werner.

Der Verein, der seit 30 Jahren in Wedel besteht, und in dessen Namen Arbeitslose kleine Dienstleistungen gegen eine so genannte "milde Gabe" anbieten, war durch eine Neubewertung der Steuerrichtlinien in Schieflage geraten. Damals hatte das Finanzamt für die Leistungen des Vereins 19 Prozent anstatt sieben Prozent Umsatzsteuer Rückwirkend bis 2001 eingefordert. Das konnte der Verein nicht mehr stemmen und musste Insolvenz anmelden.

Endlich könne sich der Verein wieder voll und ganz der Betreuung Arbeitsloser widmen. So ist eines der drängendsten Probleme der Umgang des Vereins mit Menschen im Flüchtlingsstatus, die gar keine Arbeitserlaubnis hätten, so Jasker. Für all das haben die ehrenamtlichen Helfer nach der erfolgreichen Einigung vom Mittwoch wieder viel mehr Zeit

Zurück an Anfang



WEDEL-Schulauer Tageblatt

Die Talsohle ist durchschritten

4. Februar 2012 | 00:10 Uhr | von Andreas Dirbach

Hans-Günter Werner (links), Geschäftsführer der Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel, informierte den SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann über die aktuelle Vereinssituation. dirbach

WEDEL. Alles deutet darauf hin, dass die Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel bald wieder volle Fahrt aufnehmen kann. Davon überzeugten sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann und sein Parteikollege, der Landtagskandidat Thomas Hölck, nun vor Ort. Dicht an dicht saßen die Vereinsaktiven beisammen, jeder Platz in der Holzhütte am Bahnhof war besetzt.

Das beherrschende Thema des Gesprächs war die Insolvenz, die der gemeinnützigen Verein angemeldet hatte, da das Finanzamt Itzehoe mehr als 85 000 Euro an Steuernachzahlungen forderte (wir berichteten). Der Verein hat nun etwa 20 000 Euro auf dem Konto, mit dem die Kosten für den Insolvenzverwalter gedeckt werden. "Ja, der bekommt so viel - und ist damit noch am unteren Ende der Gebührenordnung", bestätigt der ehrenamtliche Geschäftsführer Hans-Günter Werner. Weitere 20 000 Euro liegen auf einem anderen Konto, auf das das Finanzamt keinen Zugriff habe. Das sind die Spenden, die in den vergangenen Monaten von den Wedeler Bürgern eingegangen sind. Mit diesem Geld soll ein Vergleich mit dem Finanzamt geschlossen werden. "Unser Insolvenzverwalter geht davon aus, dass sich die Behörde darauf einlassen wird", so Werner. Termin für die Verhandlung mit allen Gläubigern ist der 23. März. Dann entscheidet sich, ob die Arbeitslosenselbsthilfe offiziell wieder als solvent gilt.

Die Vorständler des Vereins, die vom Finanzamt für die Steuerschuld haftbar gemacht wurden, sind mittlerweile entlastet: Zum Ende des Jahres haben alle ihre in einem früheren Vergleich ausgehandelten Zahlungen geleistet. Insgesamt fast 23 500 Euro flossen an den Fiskus. "Jeder von uns aus dem Vorstand muss dazu noch etwa 5000 Euro aus seinem Privatvermögen an die Rechtsanwälte zahlen", erklärt Werner. Aber: Trotz aller zu zahlenden Großbeträge ist laut Werner die Stimmung nach wie vor gut im Verein. "Durch das Insolvenzverfahren werden wir stärker unterstützt als vorher."

Das stellten auch die Gäste aus der Politik fest. "Hier wird eher Pionierarbeit gemacht und keine Abbrucharbeit", fasste Rossmann seine Beobachtungen zusammen. Der Bundespolitiker gab dem Verein den Rat, sich stärker auf die Außendarstellung zu konzentrieren, die Dienstleistungen der Mitglieder noch stärker anzupreisen und auch neue Tätigkeitsfelder zu erschließen. Damit zielte Rossmann konkret auf den sozialen Sektor ab, in dem immer mehr, vor allem ältere, Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Beispielsweise, wenn es darum ginge, Gardinen zu wechseln - eine Aufgabe, für die normalerweise keine Firma beauftragt werde.

Werner sieht in diesem Bereich zwar auch Chancen, hielt sich aber gegenüber unserer Zeitung bedeckter: "Wir wollen unseren Mitgliedern helfen, wieder eine reguläre Anstellung zu finden und keine Ein-Euro-Jobber etablieren." In diesem Zusammenhang betont der Geschäftsführer die soziale Aufgabe, die der Verein wahrnimmt - etwa bei der Vermittlung zwischen Arbeitslosen und den Behörden oder auch gegenüber der Polizei in Konfliktsituationen. "Wir werden uns auch weiterhin für unsere Mitglieder stark machen", so Werner. Und weiter: "Wir hoffen, dass bald andere politische Verhältnisse in Kiel herrschen."

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

Steuerschuld: Die Angst ist vorbei

1. Juni 2011 | 00:10 Uhr | von Andreas Dirbach

Durch die Hilfe und Vermittlung von Rechtsanwalt Edzard Treyde (Mitte) wurde ein Vergleich ausgehandelt. Irmgard Jasker und Hans-Günter Werner von der Arbeitslosenhilfe Wedel können jetzt aufatmen, denn die große Forderung über 85 000 Euro ist damit vom Tisch. Dirbach

WEDEL. Jetzt ist es amtlich: Vor dem Finanzgericht in Kiel ist ein Vergleich zwischen dem Vorstand der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel und dem Finanzamt ausgehandelt worden. Nun können Irmgard Jasker und ihre Kollegen aufatmen. Nicht erleichtert, aber immerhin aufatmen. Die jahrelange Furcht vor einer möglichen - und existenzbedrohenden - Zahlung in Höhe von 85 000 Euro oder mehr ist vom Tisch. Dafür müssen die sechs ehrenamtlichen Vorständler bis Ende des Jahres insgesamt 23 400 Euro aus eigener Tasche an das Finanzamt Itzehoe zahlen.


Nachzahlung für zehn Jahre

Was ist geschehen? Bei einer Betriebsprüfung wurde 2007 festgestellt, dass der Verein, in dem Arbeitslose leichtere Arbeiten als Dienstleistung anbieten, um sich selbst etwas dazuzuverdienen, statt der bisherigen sieben Prozent den vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zahlen müsste. Das Finanzamt forderte daraufhin rückwirkend bis zum Jahr 2001 die entgangenen Einnahmen ein, inklusive Zinsen und Säumniszuschlägen. Der Verein konnte die Summe nicht aufbringen und meldete Insolvenz an, das Tagesgeschäft lief weiter (wir berichteten).

Das war das Verhängnis für die Vorständler wie Jasker, die erst seit 2007 im Führungsgremium mitwirkt. Denn - so die Finanzbehörde - die Einnahmen der Arbeitslosen hätten vom Rechnungssteller, dem Verein, nicht wieder ausgezahlt werden dürfen. Jedenfalls nicht, solange noch Steuerschulden bestehen. Somit wurde der Vorstand persönlich in Haftung genommen.

Die Crux: Der Verein hatte bereits einen Kleinkredit über 15 000 Euro aufgenommen, um die seit der Betriebsprüfung fälligen Steuern nachzuzahlen. Doch das reichte der Behörde im Endeffekt nicht aus. In der Folge verhärteten sich die Fronten zwischen Schuldner und Gläubiger. Für den Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Edzard Treyde, der den Verein seit einem Jahr kostenfrei berät, war es eine Herausforderung: "Da sind unterschiedliche Rechtsauffassungen aufeinandergetroffen, und ich hätte Lust gehabt, das bis zum Ende in einem Prozess zu klären", so Treyde. Das hätte aber sieben bis zehn Jahre dauern können. "Und das wollten wir unserem Vorstand nicht antun, so lange ohne Sicherheit zu leben", begründet er die Einwilligung in den Vergleich. Im selben Atemzug stellt Treyde fest, dass sich die Vorstandsmitglieder nichts vorzuwerfen haben.

Das Aufatmen betrifft nicht nur den Vorstand, sondern auch den Verein: Nun sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Insolvenzplan ab Ende August umgesetzt werden kann - bereits jetzt hätten sich die Gläubiger über die Abwicklung verständigt.

Der ehrenamtliche Geschäftsführer Hans-Günter Werner spricht Treyde allergrößten Dank aus. Dieser hat seine - ehrenamtliche - Arbeit gern getan: "Ich habe mich der Sache angenommen, weil der soziale Frieden ein ganz hohes Gut ist", so Treyde. Dass Jasker und ihre Kollegen irgendwann das Geld erstattet bekommen, ist derweil unwahrscheinlich. Denn aus den Spendenaktionen für den Verein werden die Vereinsschulden bezahlt - außerdem dürften Vorstandsmitglieder kein Geld aus der Vereinskasse erhalten. So will es das Finanzamt.

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Vergleich beendet Streit mit Finanzverwaltung

03.06.11 von Michael Rahn

Vorstand der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel darf sich von der privaten Haftung freikaufen

Rechtsanwalt Edzard Treyde hat sich vor den Vorstand der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel gestellt: Irmgard Jasker und Hans-Günther Werner
Foto: Michael Rahn

Wedel. Im Streit um die Haftung des ehrenamtlichen Vorstands der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel mit der schleswig-holsteinischen Finanzverwaltung ist ein Vergleich erzielt worden. Wenn die Ex-Rektorin Irmgard Jasker, Pastor Hans-Günther Werner und ihre drei Mitstreiter bis 31. Dezember 23 400 Euro zahlen, sind sie aus der privaten Haftung befreit. Diesen Vergleich bot das Finanzgericht in Kiel an.

"Ich hätte das Verfahren gern zu Ende geführt. Es hat sich kein Vorstandsmitglied etwas vorzuwerfen, schon gar keine grobe Fahrlässigkeit", sagt der Hamburger Rechtsanwalt Edzard Treyde. Er hatte sich vor einem Jahr nach einer Anfrage des NDR kostenlos in den Dienst der Vorstandsmitglieder gestellt. Treyde ist sicher, dass der ehrenamtliche Vorstand nicht für die Forderungen hätte haften müssen. Doch dieser Rechtsstreit hätte mindestens sieben Jahre gedauert. Dank des Kompromisses sei es jetzt so, dass die Vorstandsmitglieder nicht mehr um ihre finanzielle Existenz fürchten müssten und wieder ruhig schlafen könnten.

"Ich will zahlen und aus der Haftung raus", gesteht Irmgard Jasker. Sie ist zwar erst seit 2007 im Vorstand des Arbeitslosen-Selbsthilfevereins. Sie sollte bislang wie alle anderen Vorstandsmitglieder etwa 90 000 Euro aufbringen. Damit sollten vorwiegend Umsatzsteuer- und Lohnsteuernachzahlungen und Versäumniszuschläge gedeckt werden. Irrtümlich hatte der Verein nur sieben Prozent Umsatzsteuer auf die Arbeit seiner Dienstleistungsgruppe berechnet. Das Finanzamt verlangte für diese Tätigkeit aber den hohen Umsatzsteuersatz - Geld, dass in der Kasse weder eingenommen noch angespart worden war.

"Das hat das Finanzamt dem Vorstand zum Vorwurf gemacht. Der Vorstand hätte sofort beim Einschreiten des Finanzamts Gelder zurücklegen müssen", erläutert Rechtsanwalt Treyde. "In dem Falle hätte niemand mehr gearbeitet, und wir hätten keine Einnahmen verbuchen können", sagt Vorstandsmitglied Werner.

Eigentlich hatte der Vorstand der Selbsthilfeorganisation die jahrelange Auseinandersetzung mit dem Finanzamt bereits vor zwei Jahren für erledigt gehalten. "Wir hatten uns auf eine Nachzahlung in Höhe von 15 000 Euro für den Zeitraum ab 2007 geeinigt. Für die Zukunft wollten wir nach dem hohen Umsatzsteuersatz abrechnen", sagt Werner, der damals als ehrenamtlicher Geschäftsführer des Vereins handelte.

Doch im Finanzamt wurde diese Summe für Forderungen ab 2002 verbucht. Gleichzeitig wurde dem Verein vorgeworfen, sich nicht an den Einigungsvorschlag gehalten zu haben und die Zahlungen ab 2007 ausgeglichen zu haben. Als sich Anfang vorigen Jahres die Nachzahlungen und Versäumniszuschläge auf mehr als 80 000 Euro summierten, zogen Irmgard Jasker und ihre Mitstreiter die Notbremse: Sie zeigten die Zahlungsunfähigkeit des Vereins an.

Die Situation eskalierte: Die damals sechs ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder sollten jeder einzeln dafür einstehen, die Forderungen zu begleichen. Ein Vorstandsmitglied, Maria Rave, war diesem Druck nicht gewachsen. Viele Mitstreiter des Vereins machen das Finanzamt für ihren Tod verantwortlich.

Wenig später kümmerten sich neben dem Insolvenzverwalter gleich mehrere Fachleute darum, Vorstand und Verein aus der Patsche zu helfen - unter ihnen der Hamburger Anwalt Treyde, der sich auf die Beratung von gemeinnützigen Einrichtungen spezialisiert hat. "Ich denke, dass der soziale Friede in unserer Gesellschaft ein ganz hohes Gut ist. Dafür engagieren sich in Wedel Irmgard Jasker, Hans-Günther Werner und viel andere", erklärt Treyde, warum er die Aufgabe anpackte - unentgeltlich.

Treyde schlüsselte die Zahlungsströme, die Missverständnisse und Versäumnisse beider Seiten auf. Er ebnete so den Weg für den Kompromiss. "Ich bin froh darüber", sagt Irmgard Jasker.

Mit dem Kompromiss ist aber nur die Forderung des Finanzamtes gegenüber den Vorstandsmitgliedern abgedeckt. Im Insolvenzverfahren wird nach wie vor vom Verein die volle Summe gefordert. Sobald der Vorstand zahlt, wird dieses Geld von der Gesamtforderung abgezogen. Dann könnte auch der Insolvenzplan aufgehen. Der Insolenzverwalter bietet an, zehn Prozent der Forderungen zu begleichen, also noch einmal fast 7000 Euro fürs Finanzamt. 18 000 Euro haben Unterstützer gesammelt, um dem Verein über die letzten Klippen zu helfen. Anwalt Treyde: "Dann kann der Verein weitermachen" - für den sozialen Frieden.





Kommentar

Beschämender Ablasshandel

Michael Rahn

Es ist paradox: Berufspolitiker loben Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren. Es gibt Preise und Verdienstmedaillen.

Aber wehe, wenn das Ehrenamt nicht so funktioniert, wie das Gesetz es vorschreibt. Dann kommt der Gut-Mensch schnell in die Bredouille. Als Vorstand haftet er nämlich für mögliche Schäden, wie der Fall der Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel zeigt. Da kann es schnell darum gehen, dass privates Eigentum verkauft werden muss, um Schulden - in diesem Fall beim Finanzamt - zu tilgen. Dabei hat niemand behauptet, dass der Vorstand grob fahrlässig gehandelt hat. Aber er hätte sofort, als das Finanzamt Forderungen erhob, Rücklagen bilden müssen. Von welchem Geld? Sicherlich müssen auch Vereine ordentlich abrechnen. Im Wedeler Fall spielte aber nicht nur das Gesetz eine Rolle. Dort geriet der Verein zwischen die politischen Linien.

Wir benötigen fürs Vereinsrecht klare Regelungen und im Notfall schnelle Entscheidungen eines Fachgerichts. Wer steht es durch, über mindestens acht Jahre damit zu leben, ob er freigesprochen oder verurteilt wird? Es ist beschämend, dass sich ehrenamtlich engagierte Menschen in unserem Rechtsstaat von dieser Last freikaufen mussten.





Info

Chronologie

1982 wird in Wedel die Arbeitslosenselbsthilfe gegründet. Mit dabei ist als ehrenamtlicher Geschäftsführer Pastor Hans Günter Werner. "Arbeit für alle" wird der Titel und das Grundprinzip der Initiative. Die Gruppe baut neben Fahrradwerkstatt und dem Projekt "Kommunales Fahrrad" einen Dienstleistungsbereich auf. Dort wird Geld, das eingenommen wird, als milde Gabe für die Akteure ausgegeben.

2007 fordert das Finanzamt nach einer Betriebsprüfung etwa 80 000 Euro. Begründung: Der Zweckbetrieb Dienstleistung hätte 19 Prozent Umsatzsteuer abführen müssen und nicht, wie praktiziert, nur sieben Prozent. Einige Vorstandsmitglieder bringen 14 000 Euro extra auf. Das reicht dem Amt nicht.

2010 beantragt der Verein am 26. März 2010 beim Amtsgericht Insolvenz. (mra)

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Pinneberg

Wedel

Arbeitslose kämpfen um Existenz

Hamburger Abendblatt

Pinneberg

Wedel

08.03.11 Michael Rahn

Noch gibt es keine Entscheidung über den Insolvenzplan für Wedeler Selbsthilfeverein. Hoffen auf Aufträge und finanzielle Hilfe.

Irmgard Jasker und ihre Mitstreiter wünschen sich eins: endlich wieder ohne das Damoklesschwert des Finanzamtes Menschen in Not zu helfen.
Foto: Michael Rahn

Wedel. Noch immer ist nicht über den Insolvenzantrag der Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe entschieden. Nach wie vor beharrt das Finanzamt darauf, Forderungen in Höhe von 87 000 Euro vom Vorstand des Vereins einzuziehen. Trotzdem ist der Hamburger Insolvenzverwalter Max-Reinhard Winter optimistisch, einen Vergleich mit den Gläubigern zu erreichen.

Allerdings müssen dafür zusätzliche finanzielle Unterstützer gewonnen werden. "Ich muss etwas anbieten, das mehr ist als das, was die Gläubiger heute schon erhalten könnten", sagt der Jurist. Für diese Spendensammlung hat der Insolvenzverwalter ein gesondertes Konto (103 209 410) bei der Dresdner Bank eingerichtet. Dr. Winter versichert: "Das Geld wird nur ausgezahlt, wenn der Investitionsplan von den Gläubigern akzeptiert wird. Ansonsten erhalten alle Geldgeber ihr Eingezahltes zurück."

Wirtschaftsprüfer bescheinigt der Initiative einwandfreie Buchführung

Eine andere Voraussetzung, überhaupt einen Vergleich anbieten zu können, hat der Vorstand der Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe erfüllt. Ein Wirtschaftsprüfer hat bescheinigt, dass die Geschäftsführung für den Zweckbetrieb Dienstleistungen einwandfrei läuft. Jetzt müssen nur noch die Aufträge mehr werden. "Denn auch so bekommen wir mehr Geld in die Kasse", sagt Irmgard Jasker. Wer Hilfe im Garten, bei Renovierungen oder Umzügen sowie kleinen handwerklichen Tätigkeiten benötigt, kann sich im Arbeitslosenzentrum, Telefon 04103/162 21, oder direkt im Treffpunkt an der Mühlenstraße 35 melden.

Irmgard Jasker, Rektorin im Ruhestand, hatte vor knapp einem Jahr die Notbremse gezogen und den Insolvenzantrag für den damals sechsköpfigen Vorstand des Vereins "Arbeit für alle" eingereicht. Die Finanzämter Pinneberg und Itzehoe, die etwa 87 000 Euro an Lohn- beziehungsweise Umsatzsteuer nachgezahlt haben wollten, hatten vor Gericht durchgesetzt, den ehrenamtlichen Vorstand persönlich in Haftung zu nehmen.

Doch das ist noch nicht alles an Forderungen. Insolvenzverwalter Winter gibt an, dass es letztlich um eine sechsstellige Summe geht. Neben den Finanzämtern haben auch noch andere Gläubiger Ansprüche angemeldet.

Trotz dieser hohen finanziellen Hürden versuchen neben dem Insolvenzverwalter noch weitere Juristen das Verfahren wieder ins Lot zu bringen. Mehrfach wurden die Fristen verlängert. Das Finanzgericht hat in der Hauptsache immer noch nicht entschieden. Jetzt hoffen die Betroffenen, dass vor einem Richterspruch die Finanzämter mit dem Insolvenzverwalter einig werden. So könnte auch die persönliche Haftung entfallen. Dann könnte auch die Hypothek auf das Haus des Vorstandsmitglied Maria Rave wieder aufgehoben werden. Sie war im vorigen Jahr gestorben und konnte sich deshalb nicht wie die anderen fünf gegen die Zahlungsverpflichtung wehren.

Der ehrenamtliche Vorstand des Vereins leidet unter der Auseinandersetzung

Inwieweit die Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden eine Rolle beim Tod spielte, ist umstritten. Nach Ansicht der Mitstreiter in der Arbeitslosenselbsthilfe hat der friedensbewegten Lehrerin, die zuletzt in Kummerfeld wohnte, diese Auseinandersetzung Lebensmut genommen.

Auch die anderen Beteiligten leiden. Der ehrenamtliche Geschäftsführer des Vereins, Pastor Hans-Günter Werner, erlitt im Frühjahr 2010 einen Herzinfarkt. Und selbst die nimmermüde und stets freundlich lächelnde und ruhig argumentierende Sozialkämpferin Irmgard Jasker wirkt zermürbt: Ihre Augen zittern nervös, das Lächeln gelingt ihr oft nur noch angestrengt. Sie sagt: "Natürlich möchte ich aus der persönlichen Haftung raus. Die Ungewissheit zerrt an uns allen. Ich möchte einfach nur wieder Menschen in Not helfen. Das kostet Kraft genug."





Kommentar

Ein Vergleich ist jetzt Pflicht

Michael Rahn

Selbstverständlich muss auch in einem ehrenamtlichen Verein ordentlich abgerechnet werden.

Warum das bei der Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel so lange dauerte, bis auch die Finanzämter zufrieden sind, und wer die Schuld daran trägt, darüber kann wahrscheinlich noch lange gestritten werden.

Doch dieser Streit muss jetzt schnell beendet werden. Was früher in dieser Sache an Fehlern gemacht wurde, ist im Nachhinein nur schwer zu korrigieren. Was diese Debatte an Lust auf ehrenamtliches Engagement verleidet, ist wahrscheinlich unbezahlbar. Denn wer riskiert schon gern sein Hab und Gut, nur weil er in einer sozialen Organisation Verantwortung übernimmt.

Tatsache ist, dass sich niemand bereichert hat. Tatsache ist, dass die Projektidee, Menschen ohne Arbeit sinnvoll zu beschäftigen und angemessen zu entlohnen, sehr gut ist. Das haben den Wedeler Akteuren um Irmgard Jasker und Hans-Günter Werner sogar Vertreter früherer Landesregierungen bescheinigt.

Jetzt muss schnell ein Vergleich her, damit die gesellschaftlich sinnvolle gemeinnützige Arbeit fortgeführt werden kann.

Mit dieser Angelegenheit haben sich schon viel zu viele Menschen beschäftigt: Ehrenamtliche, die lieber Menschen helfen als Paragrafen zu studieren, und Hauptamtliche, die lieber zukunftsweisend als rückwärts orientiert handeln wollen.

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

Jetzt müssen wieder neue Aufträge her

5. März 2011 | 00:10 Uhr | von Uta Paulus


Daumen hoch: Vorstand und Besucher des Treffs sind optimistisch.

WEDEL. Kaffee und Kekse stehen bereit und finden Abnehmer. Die Besucher der Arbeitslosenselbsthilfe, der kleinen Holzhütte neben der Villa am S-Bahnhof, schauen neugierig in den Aufenthaltsraum. "Kommst du zum Mittagessen?" fragt Irmgard Jasker jeden, der reinschaut. Ja, alle wollen kommen. Jasker, Vorstandsmitglied des Vereins Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe, und ihr Kollege Hans-Günter Werner halten den Betrieb am Laufen - und üben sich in Optimismus. Denn der Verein kämpfe ums Überleben, nachdem im vergangenen Jahr das Finanzamt Steuernachzahlungen in Höhe von 84 000 Euro gefordert hatte.

Die Initiative hofft auf den Insolvenz-Plan, der bis Ende März aufgestellt werden soll. Damit könnte ein Vergleich erzielt werden, bei dem sich die Gläubiger, in erster Linie das Finanzamt, mit einer geringeren Summe zufrieden geben. Um etwas anbieten zu können, wurde ein zweckgebundenes Konto eingerichtet. Doch bislang sind dort nur 2000 Euro eingezahlt worden. Der Verein hofft auf Spenden von Bürgern, um diese Summe aufzustocken. Gelingt dies nicht, so Jasker, "werden wir platt gemacht."

Dabei sei man durchaus auf einem guten Weg. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer habe bestätigt, dass der Verein in den vergangenen Monaten ordnungsgemäß gewirtschaftet habe. "Und der Betrieb ist immer weiter gelaufen", so Jasker. Trotz der Belastung durch das Verfahren, mit persönlichem Einsatz - und mit weniger Aufträgen.

"Wir bieten unsere Dienstleistungen im Bereich Garten, Umzug, Transport und Fahrradreparatur nach wie vor an und hoffen auf Auftraggeber", so Werner. Das wäre das wichtigste, um auch mit einem gesunden Wirtschaftskonto die Ämter überzeugen und auch Insolvenzverwalter sowie Wirtschaftsprüfer bezahlen zu können. Wie es mit der persönlichen Haftung des Vorstands aussieht, ist nach wie vor offen. Das Verfahren zur Abwehr der Vollstreckung am Finanzgericht läuft parallel zur Insolvenz.

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe bangt ums Leben ihres Vorstands

6. November 2010, 06:00 Uhr

Gericht trifft am 15. November Vorentscheidung über persönliche Haftung für Steuerschulden

Wedel. Das Kieler Finanzgericht wird am 15. November über den Sofortvollzug der Forderungen des Finanzamtes gegen den ehrenamtlichen Vorstand der Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe entscheiden. Dabei geht es um etwa 84 000 Euro. Das Finanzamt begründet die persönliche Haftung damit, dass die sechs Vorstandsmitglieder "grob fahrlässig" gehandelt hätten.

Diese Begründung lässt die Vorsitzende des Vereins, Irmgard Jasker, Rektorin im Ruhestand, seit Monaten nicht mehr zur Ruhe kommen. Sie hatte erst vor wenigen Jahren den Vorsitz des Vereins "Arbeit für alle" übernommen, soll jetzt wie alle fünf Mitstreiter für Steuerschulden seit 2001 haften.

Auch die anderen Vorstandsmitglieder stehen unter einem enormen Druck. Freunde der Vorstandsmitglieder halten die mittlerweile über ein halbes Jahr andauernde Auseinandersetzung über die persönliche Haftung auch für die Ursache des plötzlichen Todes von Maria Rave. Sie war wie ihre Freundin Irmgard Jasker ebenfalls Lehrerin im Ruhestand und erst seit 2008 im Vorstand dabei. Gesundheitlich gelitten hat auch der ehrenamtliche Geschäftsführer des Vereins, Hans-Günther Werner. Er musste im Frühjahr nach einem Herzinfarkt in die Klinik.

Bislang gehen die juristischen Berater des Vereins um den Hamburger Anwalt Max-Reinhard Winter davon aus, dass die Richter im Sinne des Vereins die Vollstreckung des Bescheids stoppen. "Grob fahrlässig" hätte nur jemand handeln können, der Umsatzsteuer einnimmt, sie aber nicht an das Finanzamt abführt. Eine persönliche Bereicherung schließt das Finanzamt in einem Schreiben selbst aus.

Das Dilemma: Die Selbsthilfe hatte für Dienstleistungen, die Arbeitslose freiwillig übernahmen, nur sieben statt 19 Prozent Umsatzsteuer verlangt. Das Finanzamt hält diese einst von der SPD-Landesregierung als Modellprojekt gepriesene Beschäftigung für einen normalen Betrieb, der in voller Höhe Steuern zahlen müsse. Irmgard Jasker versichert: "Wir machen das alles jetzt so, wie es das Finanzamt verlangt." Da die höhere Umsatzsteuer aber nicht eingenommen sei, könne sie jetzt auch nicht ausgegeben werden.(mra)

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

WEDEL

 

Große Hilfe für die Selbsthilfe

27. September 2010 | von Thomas Krohn








Etwa 120 Kunstinteressierte hatten sich zur Versteigerung im Stadtmuseum eingefunden.

WEDEL. Der Beginn verlief etwas schleppend, doch am Ende klingelte es in der Kasse: Mehr als 90 Prozent der Werke wurden bei der Benefiz-Auktion für die Arbeitslosenselbsthilfe am Wochenende im Stadtmuseum versteigert. "Damit hatte ich nicht gerechnet, das ist eine tolle Sache und ein großer Erfolg", freute sich Museumsleiterin Sabine Weiss, die die Veranstaltung initiiert hatte. Mehr als 60 Bilder und andere Kunstwerke kamen bei der Versteigerung unter den Hammer. Das exakte Ergebnis der Auktion konnte Weiss allerdings noch nicht beziffern.

35 Künstler, die meisten darunter aus Wedel und Hamburg, hatten Radierungen, Linolfarbdrucke, Holzschnitte, Kunstdrucke, Zeichnungen sowie Fotografien und Skulpturen für die Auktion gestiftet. Als Versteigerer stellten sich Frank Rosenbaum, der einzige in Wedel zugelassene Auktionator, sowie Propst Jürgen Bollmann vom Kirchenkreis Hamburg-Ost zur Verfügung. "Ich habe vor einen halben Jahr zum ersten Mal Kontakt zur Arbeitslosenselbsthilfe bekommen und möchte die Arbeit der Einrichtung unterstützen", sagte Bollmann, der zurzeit auch die Position des amtierenden Bischofs im Sprengel Hamburg und Lübeck bekleidet.

"Sie haben Gelegenheit, zwischen den Geboten nachzudenken, die Zeit wird aber kürzer als eine Radiowerbung sein", erklärte Rosenbaum den etwa 120 Kunstinteressierten, die sich im Museumsgebäude an der Küsterstraße eingefunden hatten. Über die ersten Gebote wollte offenbar aber niemand grübeln, denn als Bollmann Radierungen zu Mindestgeboten von 30 bis 50 Euro anpries, blieben alle Hände unten. Doch wenig später fand das Bild mit dem Titel "Stille Toskana" des Wedeler Künstlers Pietro Benedetti für 200 Euro einen Käufer. Und auch die Bleistiftzeichnung des Schenefelders Karl Michael Bichowski, die einen Blick von der Danziger Marienkirche auf das Rathaus zeigt, wurde für den selben Preis versteigert.

Schlag auf Schlag

Dann ging es im wahrsten Wortsinn Schlag auf Schlag weiter. "Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten" - der Holzhammer der Auktionatoren kam nahezu im Minutentakt zum Einsatz. Vor allem für die drei Bilder des Wedeler Malers Ole West überboten sich die Interessenten gegenseitig. Erfolg vermeldete auch Irmgard Jasker vom ehemaligen Vorstand der Arbeitslosenselbsthilfe, die eine Tombola betreute, für die Geschäfts- und Privatleute insgesamt 150 Preise gestiftet hatten. "Die meisten Lose waren bereits nach einer halben Stunde verkauft", freute sich Jasker.

Die Arbeitslosenselbsthilfe hatte im Frühjahr Insolvenz beantragt, da vom Finanzamt Steuernachzahlungen im hohen fünfstelligen Bereich gefordert werden (wir berichteten). Laut Jasker werde bereits an einem tragfähigen Zukunftskonzept gebastelt, um die Arbeit der Einrichtung fortsetzen zu können.

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Kunst für Arbeitslosenselbsthilfe

Von Michael Rahn 16. September 2010, 06:00 Uhr

Benefiz-Auktion im Stadtmuseum zur Rettung des insolventen Wedeler Vereins "Arbeit für alle"

Auktionator Frank Rosenbaum, Hans Günter Werner, Maria Rave, Irmgard Jasker und Museumsleiterin Sabine Weiss.
Foto: Michael Rahn

Wedel. Die Hoffnung wächst, die Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel zu retten. Immer mehr Unterstützer melden sich, geben Sachspenden oder Geld oder organisieren Benefizaktionen. Jetzt haben 35 Künstler, darunter Ole West, Jürgen Pieplow und Klaus Roth, Werke zugunsten des Vereins "Arbeit für alle" gespendet. Die Bilder, Fotografien und Plastiken werden am Sonnabend, 25. September, im Stadtmuseum an der Küsterstraße versteigert. Die Auktion beginnt um 15 Uhr.

Mehr zum Thema

Hamburger Abendblatt

Milder Minister gesucht
Warum die Arbeitslosenselbsthilfe Wedel Insolvenz anmelden musste

"Wir sind überwältigt über so viel Hilfe", freut sich Irmgard Jasker. Sie ist Mitglied des sechsköpfigen Vorstands der Arbeitslosenselbsthilfe, von dem das Finanzamt im Frühjahr etwa 87 000 Euro einforderte. Alle sechs sollen persönlich für die Summe haften.

Seit einem Jahr wird um Steuerschuld von 87 000 Euro gestritten

Um die Steuerschuld wird seit mindestens einem Jahr gestritten. Unter anderem geht es darum, dass das Finanzamt, 19 Prozent Umsatzsteuern auf Dienstleistungen des Selbsthilfevereins einfordert. Doch dieses Geld ist weder eingenommen, noch steht es zur Verfügung. Alle Vergleichvorschläge scheiterten. "Deshalb haben wir am 26. März Insolvenz angemeldet", sagt Maria Rave, wie Irmgard Jasker pensionierte Lehrerin und Unterstützerin des Arbeitslosenprojekts, zu dem das Modell "Dienstleistungen aller Art" gehört.

Seitdem kümmern sich ein Hamburger Insolvenzverwalter und bis zu acht Rechtsanwälte darum, die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder davor zu schützen, bis ans Lebensende für mögliche Schulden eines Vereins zahlen zu müssen. Gleichzeitig wächst die Hoffnung bei den Verantwortlichen, dem Verein "Arbeit für alle" eine neue Zukunft zu geben. Für den 22. September ist ein Gespräch mit den Finanzbehörden angesetzt, um den Streit um Steuerschulden zu lösen. Drei Tage später beginnt die Kunstauktion zugunsten der Arbeitslosenselbsthilfe. Die Idee dazu hatte Museumsleiterin Sabine Weiss. Sie sprach einige Künstler an, die meisten sagten spontan zu, andere meldeten sich aus freien Stücken, nachdem sie von der Auktion erfahren hatten.

Die Versteigerung wird von zwei Männern so geleitet, dass alles seine Ordnung hat: Autohaus-Chef Frank Rosenbaum, vereidigter Auktionator, sagte ebenfalls sofort seine Unterstützung zu. Ihm zur Seite steht der amtierende Bischof für die Region, Jürgen Bollmann aus Harburg.

Was unter den Hammer kommt, kann heute und morgen von 14 bis 17 Uhr im Museum an der Küsterstraße besichtigt werden. Am Sonnabend ist das Haus ab 13 Uhr geöffnet. Die Mindestgebote beginnen bei drei Euro. Am höchsten steigt die Hamburger Künstlerin Carmen Oberst ein: Ihr "Denkmal Fotografie", ein Unikat aus der Werkgruppe "Formgebende Foto Fabrik" mit Blattgoldzeichnung, darf ab 900 Euro ersteigert werden.

Geschäftsleute und Vereine spenden 100 Preise für Tombola

Für kleines Geld gibt es am Nachmittag etwas zu gewinnen: Geschäftsleute haben 100 Preise für eine Tombola gestiftet. Jedes Los kostet drei Euro.

"Ich habe die Solidaritäts-Aktion gestartet, weil ich sehe, dass die Vereinsmitarbeiter sich mit hohem Zeitaufwand ehrenamtlich Jahrzehnte für ihre Mitbürger einsetzen. Damit sind sie wichtige Akteure unserer Wedeler Zeitgeschichte", sagt Museumsleiterin Sabine Weiss.

Sie will mit dafür sorgen, dass die "wertvolle Arbeit weitergeht, denn Arbeitslosigkeit kann uns heutzutage alle treffen. Nächstenliebe und Mildtätigkeit haben in Wedel Tradition." Und so darf der Verein auch in der Insolvenz, weiter "Dienstleistungen aller Art erbringen". Denn jeder Cent hilft, die Forderungen auszugleichen und der Rettung näher zu kommen.

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

Künstler zeigen sich solidarisch

15. September 2010 | 00:10 Uhr | von Oliver Gabriel

Hoffen auf zahlreiche interessierte Bieter: Initiatorin Sabine Weiss (von rechts), die Mitglieder des alten Arbeitslosenselbsthilfe-Vorstands Irmgard Jasker, Maria Rave und Hans-Günther Werner sowie Frank Rosenbaum, der als Auktionator fungiert. GAbriel

WEDEL. Die Welle der Solidarität für die Bemühungen der Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe im Kampf ums Überleben erreicht eine neue Dimension: Mehr als 60 Werke von 35 Künstlern - teils von namhaften Kreativen selbst, teils von Sammlern gespendet - kommen am 25. September unter den Hammer, wenn der amtierende Bischof Jürgen Bollmann und Autohaus-Chef Frank Rosenbaum die Benefiz-Kunstauktion im Stadtmuseum an der Küsterstraße eröffnen. Mindestgebote: zwischen drei und 900 Euro.

Initiatorin dieser Art der Unterstützung für den Wedeler Verein "Arbeit für alle" um Hans-Günther Werner ist Museumsleiterin Sabine Weiss. "Mein Beweggrund ist die Tatsache, dass die Vereinsgründer und -mitarbeiter sich mit hohem Zeitaufwand jahrzehntelang für ihre Mitbürger einsetzen und damit wichtige Akteure unserer Wedeler Stadtgeschichte sind", so Weiss.

Wie berichtet musste die Arbeitslosenselbsthilfe im Frühjahr Insolvenz beantragen, da das Finanzamt Steuernachzahlungen im hohen fünfstelligen Bereich einfordert. Werner betont, dies bedeute jedoch kein Abwickeln der Initiative und des Arbeitslosenzentrums in der Mühenstraße 35, sondern eine "Schutzinsolvenz". Und: "Fast alles geht weiter." Fahrradwerkstatt und die "Dienstleistungen aller Art" etwa, die Geld in die Kasse des Insolvenzverwalters bringen sollen.

Diverse Anwälte sind mittlerweile mit dem Fall "Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe" beschäftigt. Und laut Werner sehen alle gute Chancen, dass es weitergehen kann und die sechs Vorstandsmitglieder aus der privaten Haftung entlassen werden. Neben der Vergangenheitsbewältigung im Streit mit der Finanzbehörde steht die Arbeit an einem tragfähigen Zukunftskonzept, wie auch Irmgard Jasker betont, die zu besagtem ehemaligen Vorstand zählt. Und: Auf beiden Feldern ist der Verein offenbar ein gutes Stück vorangekommen.


Weiterarbeit unterstützen

Tatsächlich betont auch Weiss: "Mit der Versteigerung unterstützen wir die Weiterarbeit. Das Ganze tun wir nicht, um einen Grabstein für die Arbeitslosenselbsthilfe zu finanzieren." Vielmehr soll der Erlös dafür verwendet werden, ausstehende Forderungen bedienen zu können. In diesen Topf fließt auch das Geld aus einer großen Tombola mit 100 Preisen, denen 100 Lose zu je drei Euro gegenüberstehen. Ob Kunstbücher, Gutscheine oder ein Original für die Wand: Auch auf diesem Gebiet ist die Unterstützung groß, freut sich Jasker. Zahlreiche Geschäftsleute haben für einen vollen Gewinntisch gesorgt.

Lose werden am Auktionstag verkauft. Der beginnt um 13 Uhr mit der Voransicht. Ab 15 Uhr rufen Bollmann und Rosenbaum dann die ersten Werke auf, wobei nicht nur für unterschiedliche Geldbeutel, sondern auch für viele Geschmäcker etwas dabei ist: Kunstfotos und realistische Malerei stehen neben Abstraktionen, Landschaften und Stillleben neben Fantasie-Vögeln und experimentellen Collagen.

Wer mitbieten möchte, muss den Personalausweis und Bargeld dabei haben. Musikalisch wird die Veranstaltung von der Wedeler Gruppe "De Todo Un Poco" begleitet. Im Gartenhaus wird zudem Kaffee und Kuchen angeboten.

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

Künstler wollen Helfern helfen

10. Juli 2010 | 00:10 Uhr | von Andrea Stange

Auch Künstler aus Hamburg rufen zur Benefiz-Kunstversteigerung im Stadtmuseum Wedel auf. ast

WEDEL. Sie haben zum Teil fast 30 Jahre lang Menschen in Not geholfen, nun sind sie selbst auf Unterstützung angewiesen: Die Vorstandsmitglieder der Arbeitslosenselbsthilfe "Arbeit für alle". Der Verein musste im März Insolvenz anmelden (wir berichteten). Nun machen abermals Künstler mobil und wollen zur Rettung beitragen. Das Stadtmuseum Wedel veranstaltet am Sonnabend, 25. September, ab 15 Uhr eine Benefiz-Kunstversteigerung unter dem Motto "Kunst tut gut(es)!"

Hintergrund: Der Vorstand sah sich nicht mehr in der Lage, die finanziellen Forderungen des Finanzamtes Itzehoe in Höhe über 80 000 Euro fristgerecht zu erfüllen. Inzwischen ist die Nachforderung durch Zinsen auf über 87 000 Euro angewachsen. Hinter den Kulissen wird immer noch zäh gerungen, wie Pastor Hans-Günter Werner während eines Pressegespräches berichtete. Bisher sind sieben Anwälte mit dem Fall beschäftigt. Ehrenamtlich Tätige, die "Dienstleistungen aller Art" ausführten, wie zum Beispiel Gartenarbeit oder bei Umzügen halfen, erhielten sogenannte "milde Gaben", denn ihre Dienstleistungen wurden als "niedrig schwellige Wiedereingliederungsmaßnahmen" gewertet.

In Schieflage geriet der Verein, als die Umsatzsteuer von sieben auf 16 und später auf 19 Prozent erhöht wurde und auch rückwirkend bis 2001 gezahlt werden soll. Ehemalige Vorstandsmitglieder sollen diese Steuerschuld nun aus ihrem Privatvermögen bezahlen.

Verständnis für die Behördenforderung hat niemand. Und so solidarisieren sich viele mit den vom Finanzamt "gejagten" Ehrenämtlern. Auf dem Theaterschiff Batavia kamen jüngst 715 Euro durch ein Konzert zusammen, die auf das eingerichtete Treuhandkonto eingezahlt wurden.

Für die Benefiz-Kunstversteigerung sind nun alle Künstler aufgerufen, eine Arbeit zur Verfügung zu stellen. Auch das Kunstbüro Wilhelmsburg aus Hamburg ist mit dabei. Inga Sawade und Raimund Samson haben sich vor Ort informiert.

Sabine Weiss, Chefin des Stadtmuseums, steht voll hinter dem Projekt. "Die Arbeitslosenselbsthilfe ist eine kulturelle Institution und Teil unserer Stadtgeschichte", betont sie.

Es gibt aber nicht nur die Auktion, sondern auch eine Verlosung von Gewinnen, die von privaten Spendern und Wedeler Kaufleuten zur Verfügung gestellt werden. Wer helfen will, kann sich an Weiss wenden unter der Telefonnummer (0 41 03) 1 32 02 oder per Email an stadtmuseum@wedel.de.

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Arbeitslosenselbsthilfe Wedel schöpft neue Hoffnung

Von Michael Rahn 15. Juni 2010, 06:00 Uhr

Hamburger Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer bietet ein Jahr lang kostenlos seine Unterstützung an

Sie geben nicht auf: Die Mitglieder des Vereins "Arbeit für alle" hoffen darauf, dass die Forderungen in Höhe von mindestens 86.000 Euro gestundet werden, sonst wäre die soziale Initiative am Ende und der ehrenamtliche Vorstand pleite.
Foto: Michael Rahn

Wedel. Die Solidarität für die Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe wächst. Der Hamburger Anwalt für Wirtschafts- und Steuerrecht Edzard Treyde hat sich bereit erklärt, die Initiative ein Jahr lang kostenlos zu beraten. Der Gewerkschaftsbund und die nordelbische Kirche setzen sich für den Erhalt der Arbeitslosenselbsthilfe ein. Mehrere Künstler wollen mit Benefizaktionen Geld in die Kasse bringen.

Politisches Kabarett:

Das folgende (bis zur Linie) sind Einschübe „Info“ und „im Wortlaut“ sind Verknüpfungen auf der Originalseite im Internet des HA



Info

Politisches Kabarett

15. Juni 2010, 06:00 Uhr

Eine Benefizaktion für die Wedeler Arbeitslosenselbsthilfe wird am Freitag, 25. Juni, um 20.30 Uhr auf dem Wedeler Theaterschiff "Batavia" veranstaltet.

Es engagiert sich die Gruppe "tritopkabarett". Kurt K. Pump, Till Weber und Jens von Häfen präsentieren ein durchweg norddeutsch geprägtes Programm mit viel Gesang, Politkabarett und Volkstheater.

Der Eintritt in Höhe von zehn Euro, ermäßigt die Hälfte, kommt voll der Arbeitslosenselbsthilfe zugute, da die Kabarett-Gruppe auf Gage verzichtet und auch Theaterschiff-Käpten Hannes Grabau solidarisch ist. (mra)



Der Streit um die Steuer aus Sicht der Arbeitslosenselbsthilfe




Im Wortlaut

Der Streit um die Steuer aus Sicht der Arbeitslosenselbsthilfe

Von mra 15. Juni 2010, 08:49 Uhr

Hans-Günther Werner, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel, schildert die Vorgschichte des Steuerstreits aus Sicht des Vereins.

Wedel. Seit knapp 30 Jahren gibt es die Arbeitslosenselbsthilfe in Wedel. In der Zeit sind ca. 6000 Arbeitsplätze in Wedel verschwunden. Arbeitslosigkeit ist zum Alltag geworden wie auch Armut, wie auch die Wedeler Tafel zeigt. Ganz besonders schlimm dran sind Flüchtlinge und Asylbewerber, die weniger als den Hartz IV-Satz erhalten und keine reguläre Arbeit aufnehmen dürfen.

Die Arbeitslosenselbsthilfe – Arbeit für alle – e.V. Wedel hat sich um die Problematik und um die betroffenen Menschen gekümmert. Der Verein war und ist mit seinem Engagement natürlich immer unbequem gewesen, hat aber vielen helfen können. Anfangs wurden Selbsthilfegruppen, die sich um Arbeitslose kümmerten, gefördert. Als das Problem größer wurde und die öffentlichen Mittel geringer, hörte die Förderung auf und viele Gruppen lösten sich in der Folge auf. Nicht so in Wedel. Der Verein schaffte es durch die Selbsthilfe, d. h. durch ehrenamtliche Arbeit vieler Einzelner sich unabhängig von Fördermitteln zu erhalten. Denen, die für den Verein tätig sind, ergibt sich durch diese Tätigkeit und so genannte „Milde Gaben“, dass sie wieder wichtig werden, dass sie etwas tun können, dass sie beitragen zum Erhalt des Vereins und dass sie etwas Geld erhalten für ihren schweren Alltag.

Das ist möglich durch den Bereich „Dienstleistungen aller Art“, in dem Aufträge durch für den Verein ehrenamtlich und unentgeltlich Tätige erledigt werden, z.B. Gartenarbeit, Umzüge und einfache handwerkliche Aufgaben.

Denen, die für den Verein ehrenamtlich und unentgeltlich tätig sind, dient dieses zum Erhalt ihrer Würde, ihrer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit während der oft sehr langen „Wartezeit auf bessere Zeiten“. Diese niedrig schwellige Wiedereingliederungsmaßnahme wurde vor zwanzig Jahre vom Sozialministerium in Kiel mitentwickelt und gefördert.

Das Geld, das durch diese Aufträge erwirtschaftet wird, wird für die gemeinnützigen, mildtätigen Zwecke des Vereins ausgegeben, das heißt für Hilfe für Arbeitslose und Bedürftige, aber natürlich auch für die laufenden Kosten des Treffpunktes Arbeitslosenzentrum.

Auch die Personen, die diese Mittel durch ihre ehrenamtliche und unentgeltliche Arbeit erwirtschaftet haben, erhalten - soweit sie arbeitslos oder bedürftig sind - Zuwendungen, die so genannten „Milden Gaben“. Nicht nur sie, aber sie auch.

Das ist vom Konzept her der Sinn der Selbsthilfe, dass gerade auch die von Arbeitslosigkeit und Armut Betroffenen die Mittel erwirtschaften, die ihnen direkt oder indirekt zu Gute kommen.

Das Gute an diesem Konzept ist, dass auch die tätig sein können, die z.B. als Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis haben – denn ihr Einsatz ist arbeitsrechtlich keine Arbeit – und dass ihnen die Zuwendungen, die „Milden Gaben“ nicht auf Sozialhilfe oder HARTZ IV angerechnet werden, da es sich im sozialrechtlichen Sinne nicht um anrechenbares Einkommen handelt.

Auf dieses Konzept war der Verein immer stolz und hat es auch seit Beginn z.B. auf Kirchentagen im Rahmen des Markts der Möglichkeiten vorgestellt.

Dieses Konzept kann auch gute Erfolge bei der Eingliederung nachweisen. Viele, die z.B. als Flüchtling ohne Arbeitserlaubnis beim Verein tätig waren, haben heute Arbeit, sind teilweise selbständig und etliche besitzen inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft.

Es gab im Laufe der Jahre gerade vom Finanzamt immer mal wieder Anfragen wegen der Tatsache, dass die ehrenamtlich und unentgeltlich im Bereich „Dienstleistungen aller Art“ Tätigen auch als Arbeitslose und Bedürftige Empfänger von Zuwendungen, den „Milden Gaben“ sein können.

In der Vergangenheit wurden Schwierigkeiten und Missverständnisse z.B. mit dem Finanzamt mit Hilfe von Landespolitikern überwunden bzw. ausgeräumt.

2007 ergab sich ein neues Problem mit dem Finanzamt Itzehoe, das bis heute nicht gelöst ist und dass zu dem aktuellen Schritt des Antrags auf Insolvenz geführt hat.

Im Rahmen einer Körperschaftssteuerprüfung wurde in Zweifel gezogen, dass der Bereich „Dienstleistungen aller Art“ als Zweckbetrieb eines gemeinnützigen, mildtätigen Vereins weiterhin anerkannt werden könne. Außerdem wurde verlangt, dass für die Dienstleistungen aller Art nicht mehr wie bisher 7% Umsatzsteuer abzuführen seien, sondern 19 %. Und das nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend bis 2001.

Es wurde damit begründet, dass der Verein mit seiner Tätigkeit mit der örtlichen Wirtschaft in Konkurrenz trete.

Diese Neubewertung des Bereichs „Dienstleistungen aller Art“ teilte der Verein nicht.

Denn bei der Einrichtung dieses Bereichs wurde er auf ausdrücklichen Vorschlag des damaligen Steuerberaters und mit Zustimmung des Finanzamtes als Zweckbetrieb eingerichtet. Auf Vorschlag des Sozialministeriums und mit seiner Hilfe wurde ein lokaler Konsens mit der örtlichen Wirtschaft hergestellt, dass sie die Arbeit des Vereins unterstützen und nicht als schädliche Konkurrenz ansehen.

Es wurden mit Hilfe des Diakonischen Werkes Gespräche geführt und auch sicherheitshalber eine Klage eingereicht. Im Laufe der Gespräche zeichnete sich ein Kompromiss ab: Der Verein akzeptierte die 19 % Umsatzsteuer für die Zukunft, wenn damit der gemeinnützige, mildtätige Zweckbetrieb erhalten bleiben könnte. Er war bereit, auch die Differenz zwischen 7 %, die eingenommen und auch abgeführt wurden, und 19%, die nicht vom Kunden gefordert und entsprechend auch nicht gezahlt waren, ab 2007 nachzuzahlen.

Im Frühjahr 2009 wurde mit dem Finanzamt Itzehoe folgendes verabredet:

Der Verein zahlt die Umsatzsteuerdifferenz ab 2007 nach, eine Summe von 14000 €, nimmt alle Klagen und Widersprüche zurück und legt die Unterlagen für die turnusmäßige Körperschaftsteuerüberprüfung der Jahre 2006 bis 2008 vor.

Das Finanzamt wird dann den Erlass der Streuernachforderungen von 2001 bis 2006 nebst Zinsen und Gebühren prüfen und den Bereich „Dienstleistungen aller Art“ als Zweckbetrieb anerkennen.

Kaum hatte der Verein seine Klage vor dem Finanzgericht zurückgenommen, erhielten alle sechs Vorstandsmitglieder einen persönlichen Haftungsbescheid über die gesamte Summe, die das Finanzamt vom Verein als Nachforderung seit 2001 forderte. Damals eine Summe von knapp 70000 € mit der Begründung, die Vorstandsmitglieder hätten grob fahrlässig gehandelt, indem sie nicht dem Finanzamt das geforderte Geld (die Nachforderungen) gezahlt hätten, sondern weiterhin „Milde Gaben“ verteilt.

Obwohl auf Nachfrage, was dieses soll, geantwortet wurde, es handele sich nur um einen Maßnahme zur Sicherung von Ansprüchen, falls es mit dem Vergleich nicht klappen würde, wurde beim Vereinsvorstand Misstrauen wach.

Deswegen wurde der Petitionsausschuss des S-H Landtages eingeschaltet. Es wurde darüber Beschwerde geführt, dass der Vorstand persönlich in Haftung genommen werden sollte.

Der Verein brachte aber dennoch die verabredete Summe von 14000 € durch Aufnahme eines Kleinbürgschaftskredites zusammen und überwies die Summe ans Finanzamt. Auch die Vereinsunterlagen für die Jahre 2006 bis 2008 zur Überprüfung der Gemeinnützigkeit wurden eingereicht.

Als Anfang Dezember 2009 alles aus dem Vergleichsgespräch erfüllt schien, was der Verein übernommen hatte, erwartete er auch nun den Teil, den das Finanzamt in Aussicht gestellt hatte.

Aber das Gegenteil geschah: Das Finanzamt verlangte noch mehr Steuernachzahlungen und hob die Gemeinnützigkeit bis 2001 rückwirkend auf. Wie der Verein heute weiß, geschah das auf Weisung des Finanzministeriums in Kiel.

Daraufhin bat die Petentin Irmgard Jasker den Petitionsausschuss dringend um ein gemeinsames Gespräch mit dem Finanzministerium und dem Finanzamt Itzehoe.

Das Ergebnis war aber für den Vorstand trotz intensiver Bemühungen von Vorstandsmitgliedern nicht umsetzbar, weil ohne Gemeinnützigkeit und die Arbeit von Pastor Hans-Günter Werner die Arbeit nicht fortgesetzt werden kann und auch das geforderte Geld nicht reinkäme.

Deshalb wurde der Insolvenzantrag gestellt und der Schritt an die Öffentlichkeit getan.

Folgen

Wenn keine Hilfe kommt, bedeutet das:

Mit der Schließung des Vereins verlieren viele Menschen ihren Treffpunkt, ihre Anlaufstelle mit Hilfe und Beratung.

Menschen, die ohnehin kaum Geld zum Leben haben und aus dem gesellschaftlichen Kontext ausgeschlossen sind, verlieren ihre einzige Möglichkeit, sich mit ihren Fähigkeiten einzubringen und mit Würde etwas zur Existenz des Vereins und zur Alltagsbewältigung beizutragen. Es bleiben dann eigentlich nur noch Schwarzarbeit oder andere illegale Auswege.

Ferner sehen sich alle Vorstandsmitglieder durch die persönliche Haftung bedroht.

Bitten, Wünsche Forderungen

Jetzt kann nur noch die Öffentlichkeit und insbesondere die Landespolitik helfen.

Der Verein wird vom DGB und von der Nordelbischen Kirche unterstützt. Aber auch Bürgermeister von Wedel und den im Rat vertretenen Parteien erhofft sich der Verein Unterstützung.

Damit der Verein seine segensreiche Tätigkeit in Wedel fortführen kann, ist folgendes notwendig:

Das Selbsthilfekonzept, gerade im Bereich „Dienstleistungen aller Art“, muss von allen einschlägigen Behörden anerkannt werden.

Der Bereich „Dienstleistungen aller Art“ ist ein gemeinnütziger, mildtätiger Zweckbetrieb. Er dient der niedrig schwelligen Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen und hilft den Flüchtlingen, die noch keine Arbeitserlaubnis haben, ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu erhalten.

Die Zuwendungen, die so genannten „Milden Gaben“, sind Zuwendungen einer mildtätigen Selbsthilfeeinrichtung, die nicht als Einkommen gewertet werden. Das gilt auch dann, wenn die Personen, die Zuwendungen erhalten, vorher ehrenamtlich und unentgeltlich diese Mittel miterwirtschaftet haben. Sie erhalten keine Zuwendungen für die Arbeit, sondern weil sie arbeitslos oder bedürftig sind.

Die Steuernachforderungen, die sich aus der Differenz zwischen 7% und 16% bzw. 19% ergeben und bis heute nicht gezahlt wurden, werden erlassen.

Die Gemeinnützigkeit wird wieder zuerkannt.

Die Vorstandsmitglieder werden dementsprechend nicht mehr in Haftung genommen.








Die Finanzen sind zum großen Problem des Vereins geworden. Auf etwa 86 000 Euro belaufen sich die aktuellen Nachforderungen für die Umsatzsteuer. Den Verantwortlichen des Vereins wird vorgeworfen, mit dem falschen Steuersatz Dienstleistungen abgerechnet zu haben. Statt sieben hätten 16 Prozent Umsatzsteuer veranschlagt werden müssen - rückwirkend ab 2001.

Paradox: Fast 30 Jahre hatte der Verein mit dem Ziel, Arbeit für Arbeitslose auf möglichst niedriger Schwelle zu schaffen, die Einnahmen seines Dienstleistungsbetriebs als "milde Gaben" an die Beteiligten ausgeschüttet. Jahrelang hatten Sozialpolitiker dieses Modell als vorbildlich für die Republik bewertet. Auch der ehemalige schleswig-holsteinische SPD-Finanzminister Claus Möller soll von dem Konzept überzeugt gewesen sein.

Vorstand der Initiative hofft auf Gespräch mit Finanzminister

Doch das alles gilt spätestens seit dem Regierungswechsel im Herbst 2009 in Kiel nicht mehr. Und die aktuelle Forderung, für die alle sechs ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder persönlich haften müssen, wäre erst die Spitze eines Eisbergs. Denn je kommerzieller die Arbeiten abzurechnen wären, desto mehr Steuerarten greifen. Eine Steuerberaterin schätzt die mögliche Summe der Nachzahlungen auf mehr als 200 000 Euro.

"Wir hoffen nach wie vor darauf, mit dem Finanzminister direkt ins Gespräch zu kommen und einen Kompromiss zu erzielen", sagt Irmgard Jasker. Die ehemalige Rektorin hatte erst vor zwei Jahren einen Platz im Vorstand eingenommen. Doch haften sollen sie und ihre Mitstreiter für alle möglichen steuerrechtlichen Versäumnisse.

Der neue juristische Berater macht den Betroffenen Mut. In einem Interview, das im NDR ausgestrahlt wurde, hält er es sogar für möglich, dass die bereits gezahlten Nachforderungen wieder an den Verein zurückfließen. Denn Ende vorigen Jahres hatte der Vorstand um Irmgard Jasker und den ehrenamtlichen Geschäftsführer Hans-Günther Werner 14 000 Euro aus privaten Mitteln aufgebracht, um die Umsatzsteuerdifferenz ab 2007 auszugleichen. Der Vorstand hoffte, dass das Finanzamt danach die Forderungen ab 2001 fallen lässt und den Zweckbetrieb Dienstleistungen als Teil des gemeinnützigen Vereins "Arbeit für alle" akzeptiert. So soll es mit einem früherer Leiter des Finanzamtes vereinbart worden sein.

Finanzamt hebt Gemeinnützigkeit rückwirkend ab 2001 auf

Doch stattdessen erhielten die Vorstandsmitglieder einen persönlichen Haftungsbescheid. Gleichzeitig wurde die Gemeinnützigkeit ab 2001 aufgehoben. "So konnten wir nicht weiterarbeiten. Wir mussten die Reißleine ziehen und Insolvenz anmelden", sagt Vorstandssprecherin Irmgard Jasker.

Zwischenzeitlich hatte sie auch versucht, den Petitionsausschuss des Landtags dafür zu gewinnen, das Problem politisch zu lösen. Doch das Gremium, das sich mit Bitten von Bürgern beschäftigt, lehnte ab, weil die Auflagen des Finanzamtes nicht erfüllt worden seien. "Wir haben doch die Forderungen ab 2007 bezahlt. Doch ohne Gemeinnützigkeit hätte uns auch keine neue Zukunftsplanung geholfen", bedauert Irmgard Jasker.

Seitdem ruhen die Hoffnungen auf juristischem Beistand. Wie der Hamburger Rechtsanwalt Treyde den Finanzminister überzeugen will, den Fall neu zu bewerten, wollte Edzard Treyde auf Nachfrage nicht verraten. Er setzt stattdessen auf Diplomatie im Stillen.

Laut wollen dagegen die Künstler der Gruppe "tritopkabarett" werden. Auch der Bundestagsabgeordnete Ernst-Dieter Rossmann setzt auf laute Töne. Der Sozialdemokrat forderte den Finanzminister in zwei öffentlichen Briefen auf, politisch zugunsten des sozialen Ehrenamts zu entscheiden.

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

"Arbeit für alle" schöpft Hoffnung

2. Juni 2010 | 00:10 Uhr | von Uta Paulus

WEDEL. Der Fernsehbeitrag im NDR in der vergangenen Woche brachte der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel einen neuen Hoffnungsschimmer und einen neuen Steuerberater, der bereit ist, ein Jahr lang kostenlos für den von der Insovenz bedrohten Verein zu arbeiten. Er soll einen "Zukunftsplan" aufstellen und die Gläubiger an einen Tisch holen, um zu sehen, zu welchen Kompromissen sie bereit sind, berichtet Irmgard Jasker vom Vorstand.

Entgegen dieser positiven Neuigkeiten, die jedoch noch keine konkreten Ergebnisse gebracht haben, ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Ernst Dieter Rossmann enttäuscht über eine Antwort des schleswig-holsteinischen Finanzministers Rainer Wiegard. Rossmann hatte ihn auf eigene Initiative aufgefordert, den Fall noch einmal zu überprüfen, damit der Verein seine Aktivitäten fortsetzen kann und um von den Vorstandsmitgliedern die drohende finanzielle Forderungen fernzuhalten. Die Antwort des Ministers verärgert den Sozialdemokraten: "Wiegard beruft sich auf das Steuergeheimnis und blockt damit eine Stellungnahme zum Fall völlig ab", so Rossmann.

Stattdessen habe sich der Minister lange über Abgabeordnungen und Steuerrecht ausgelassen. "Die Krönung des Ganzen ist der Verweis darauf, Ehrenamtler sollten sich vor der Übernahme von Verantwortung doch bitte die Broschüre 'Steuertipps für Vereine' durchlesen. So betreibt man keine Werbung für das bürgerschaftliche Engagement", sagt Rossmann. Auch er ist der Meinung, dass eine Verhandlungslösung außerhalb des Insolvenzverfahrens möglich sei. Doch für ihn liegt der Schlüssel zur Lösung des Problems nicht beim Finanzamt, sondern im politischen Willen.


Es gibt weiterhin

Frühstück und Beratung


Trotz der unklaren Situation besteht Hoffnung. Die Gemeinnützigkeit kann neu beantragt werden, auch Bürgermeister Niels Schmidt will sich in Gesprächen um eine "menschlich und rechtlich angemessene Vorgehensweise des Finanzamtes bemühen", so seine Antwort auf eine Anfrage der Linken. Bis dahin läuft die Vereins-Arbeit weiter, wenn auch eingeschränkt, Frühstück und Beratung werden angeboten. "Andere Aufträge, etwa für Umzüge, müssen wir uns genehmigen lassen", so Jasker. Sämtliche Gelder laufen über das Konto des Anwalts. Auch mit Humor wird gekämpft: Das Kabarett "Tritop" will zugunsten des Vereins auftreten. Am Freitag, 25. Juni, ab 20.30 Uhr steht das Trio auf der Bühne der Batavia. Der Eintritt geht an "Arbeit für alle".

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Steuer-Forderungen versetzen dem Verein den Todesstoß

Der schwere Gang zum Amtsgericht

Von Michael Rahn 27. März 2010, 06:00 Uhr

Vorstand und Betroffene der Arbeitslosenselbsthilfe verstehen nicht, warum die ehrenamtliche Arbeit jetzt "bestraft" wird.


Foto: Michael Rahn

Wedel. Die Betroffenheit über das mögliche Ende der Arbeitslosenselbsthilfe Wedel ist groß. Peter Albrecht, Mitbegründer, überzeugter Gewerkschafter und langjähriger Betriebsratschef: "Ich bin enttäuscht, wie das Finanzamt eine sozial einmalige Initiative einfach platt macht." Auch Bürgermeister Niels Schmidt, CDU-Fraktionschef Michael Kissig, Grünen-Sprecher Michael Köhn loben das soziale Engagement der Vereinsmitglieder. Sie sind in Sorge, wie die Aufgabe, die schwierige Klientel weiter zu betreuen, künftig erfüllt werden kann.

Am Donnerstag und Freitag kamen besonders viele Menschen in das Arbeitslosenzentrum, das direkt gegenüber dem Bahnhof liegt. Alle wollen ihre Solidarität zeigen. Keiner versteht, warum die Einrichtung, die ihnen jahrelang den Rücken gestärkt hat, plötzlich kriminell sein soll.

Tatsache ist, dass das Finanzamt aktuell eine Nachforderung für nicht gezahlte Steuern in Höhe von etwa 87 000 Euro eintreiben will. Die eigenen Berater im Verein rechnen damit, dass weitere Forderungen für Körperschafts- und Gewerbesteuer folgen und die Summe auf mehr als 200 000 Euro steigen könnte. Deshalb zogen Vorstandsmitglied Irmgard Jasker, der ehrenamtliche Geschäftsführer Hans-Günther Werner und ihre Mitstreiter die Reißleine und stellten am Freitag beim Amtsgericht in Pinneberg Insolvenzantrag.

Ulrike Puls (53) stieß 1984 zum Verein. Sie sagt: "Für mich als arbeitslose, alleinerziehende Mutter war es sehr wichtig, eine Gruppe zu finden, in der ich mich austauschen, Freundschaften schließen, wieder Mut bekommen konnte." Sie erhielt dank Zuschüssen des Arbeitsamtes eine Beschäftigung als Bürokraft und fand anschließend Arbeit in der freien Wirtschaft. Seit drei Jahren ist sie wieder arbeitslos. Dem Verein hat sie auch in der Zwischenzeit die Treue gehalten und sich ehrenamtlich engagiert.

Alfred Piening (73) gehört ebenfalls zu den langjährigen Eckpfeilern des Vereins. Der Maurer hat immer wieder ehrenamtlich geholfen, hat das Arbeitslosenzentrum am Theater im Rosengarten mit errichtet, hat Menschen angeleitet, sich handwerklich zu betätigen. Er weiß auch: "Wo viel gemacht wird, werden auch Fehler gemacht."

"Das bedeutet mir hier viel. Ich würde krank werden, wenn ich nicht mehr hierher kommen könnte", sagt Hartmut Schanz (50). Er ist seit zwei Jahrzehnten "die gute Seele und agiert weise und ruhig", lobt Vorstandsmitglied Irmgard Jasker. Auch Mahaman Alassani (48) hat im Treffpunkt der Arbeitslosen Anerkennung gefunden. Der Togolese kümmert sich überwiegend um die Fahrradwerkstatt, die einst mit dem Modellprojekt "Kommunales Fahrrad" bundesweit Schlagzeilen machte.

Flüchtlinge zu integrieren, sie sinnvoll zu beschäftigen, gehörte zu den wichtigsten Grundsätzen der Arbeitslosenselbsthilfe. Und immer war das Ziel, Arbeit auch auf dem ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Auf bis zu 30 Wiedereingliederungen schätzt Initiativengründer Werner die Erfolgsquote. Doch die geringfügige Beschäftigung der Arbeitslosen ist den Finanzbehörden ein Dorn im Auge. Schwarzarbeit wird vermutet. Nach Auskunft aus dem Ministerium war der Dienstleistungsbetrieb nie sorgfältig vom Verein getrennt. Lohnsteuer und Umsatzsteuer wurden aus Sicht der Behörde nie ausreichend gezahlt. Doch offensichtlich gab es Spielraum für die Behörden und das Finanzministerium in Kiel, denn das Modell, Arbeitslose als geringfügig Beschäftigte zu entlohnen, wurde jahrzehntelang toleriert. SPD-Finanzminister Möller soll seine schützende Hand über den Verein gelegt haben.

"Wir sind an Recht und Gesetz gebunden", bedauert Torsten Borchers, Pressesprecher im Kieler Finanzministerium. Er sieht keine Möglichkeiten, dass die Forderungen erlassen werden. Bei einem Gespräch im Februar im Ministerium sei der Verein aufgefordert worden, einen Finanzierungsplan für die Schulden und ein Zukunftskonzept zu erarbeiten. Das sei nicht gelungen. Jetzt müssen die Vorstandsmitglieder für die Forderungen aufkommen. Auch da macht Borchers keine Hoffnung auf Gnade: "Das liegt nicht in unserer Hand." Im Bürgerlichen Gesetzbuch sei die Verantwortung für den Vereinsvorstand festgeschrieben.

Zurück an Anfang

WEDEL-Schulauer Tageblatt

"Arbeit für alle": Aus und vorbei

26. März 2010 | 00:10 Uhr | von Inge Jacobshagen

Heute gibt es noch einmal Braten. Bald aber ist der Arbeitslosen-Treff abgewickelt. Gabriel

WEDEL. Die Nachricht schlägt ein wie eine Bombe: Heute wird der Verein "Arbeitslosenselbsthilfe, Arbeit für alle" im Pinneberger Amtsgericht Insolvenz anmelden.

Warum? Die Idee Arbeitslose zu unterstützen, ihnen einen Treffpunkt zu bieten, ihnen durch die als ehrenamtliche Tätigkeiten ausgewiesenen "Dienstleistungen aller Art", die der Verein anbietet, nicht nur ein wenig "Einkommen", sondern vor allen Dingen Würde und Achtung zurückzugeben - dieser karitative Ansatz ist aktueller denn je. Davon ist Vorstandsmitglied Irmgard Jasker felsenfest überzeugt. Und Bedarf an Unterstützung bestehe unbestritten. Die Hütte ist voll, wenn zum Arbeitslosenfrühstück ins Zentrum am S-Bahnhof eingeladen wird. Arbeitsaufträge sind vorhanden. Auch die angegliederte Fahrradwerkstatt läuft, berichten die Verantwortlichen.
"Dummheit schützt vor Strafe nicht"

Aber der Verein, der 1982 von Kirche und Gewerkschaft, speziell von Hans-Günter Werner und Gernot Guzielski gegründet wurde, muss kapitulieren. Nicht nur, weil er im Augenblick nicht als gemeinnützig anerkannt ist, sondern weil das Finanzamt Itzehoe große finanzielle Nachforderungen stellt. 68 000 Euro verlangen die Finanzbeamten - mindestens. Eine eingeschaltete Anwältin bringt sogar noch weit höhere Beträge aufs Tapet. Und weil die Arbeitslosenselbsthilfe natürlich nicht zahlen kann, sollen jetzt die sechs Vorstandsmitglieder des Vereins haften - persönlich. "Dummheit schützt vor Strafe nicht": Jaskers Humor ist tiefschwarz.

"Vorneweg dies", betont das Vorstandsmitglied im Gespräch mit dem Tageblatt, in dem sie zusammen mit Werner den bitteren Gang zur Insolvenz ankündigt: "Hans-Günter Werner hat menschlich wichtige, ganz großartige Leistungen erbracht, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten." Doch als Geschäftsführer führte er schlussendlich nicht die Papiere dem Finanzamt zu, die die Behörde verlangte. "Die Unterlagen haben nie dem entsprochen, was sie haben wollten." Am Ende, so Jasker, verlangte das Finanzamt in einem Stillhalteabkommen nicht nur 30 000 bis 40 000 Euro bis zum 31. März 2010 und den Rest innerhalb der nächsten zwölf Monate, sondern auch, dass Werner von seiner Geschäftsführung entbunden werde.

Dabei hatte der Verein in 2007 gerade erst große steuerrechtliche Schwierigkeiten mit einem Vergleich abgeschlossen. Das Finanzamt hatte die Gewinne, die mit den "Dienstleistungen aller Art" erzielt werden, so erklärt es Werner, als lohnsteuerabgabepflichtige Einnahmen eingestuft. Bedeutete: Nachforderungen. Ein Kleinbürgschaftskredit bei der GLS-Bank von 20 000 Euro musste eingeholt werden.

Nach der Finanzprüfung kam die Vereinsprüfung - und mit ihr tat sich ein noch viel größeres und schwärzeres Loch auf, sowohl für die Arbeitslosenselbsthilfe als auch für die persönlich haftenden Vorstandsmitglieder. Der Verein sollte seine Rechnungen, die er für seine Dienste schreibt, nicht mehr mit sieben, sondern mit 19 Prozent Mehrwertsteuer ausweisen, berichten Werner und Jasker. Und, was noch viel schwerer wirkt: seit 2001 bereits mit 19 Prozent versteuert haben. Bedeutete: immense Nachzahlungen.

Jasker wandte sich mit dem Forderungsschreiben - in dem ihr auch noch grobe Fahrlässigkeit und Vorsätzlichkeit vorgeworfen wurde, wie sie erzürnt berichtet, an den Petitionsausschuss. Ein runder Tisch brachte am 11. Februar 2010 je zwei Mitarbeiter aus Finanzministerium und -amt, die Vorstandsmitglieder Maria Rave, Christoph Bähner und Jasker sowie den ehrenamtlichen juristischen Berater des Vereins, Dr. Ernst-August Behler, zusammen. Doch trotz Modalitäten in der Zahlungslaufzeit wurden in der Höhe keine Zugeständnisse erreicht. Jasker ist übrigens erst seit 2007 im Vorstand, haftet aber auch für die Zeit davor.

Obwohl ihre eigene Pension und Gelder ihres Mannes wohl bald dem Fiskus zum Opfer fallen, denkt die quirrlige Helferin in erster Linie an das Projekt für die Arbeitslosen: "Die Sache selbst darf nicht sterben", sagt sie. Und: "Ich möchte es erhalten wissen, nur in anderer Form. Vielleicht findet sich ein neuer Träger?" Der Bürgermeister habe ihr seine Unterstützung zugesichert.

Zurück an Anfang

Hamburger Abendblatt

Sozial-Projekt: Verein muss Insolvenz anmelden

Die Wedeler Arbeitslosen-Selbsthilfe ist am Ende

Von Michael Rahn 26. März 2010, 06:00 Uhr

Finanzamt fordert zigtausend Euro Steuern nach, doch die Kasse des Vereins ist leer. Jetzt haftet der Vorstand.




Foto: Frenzel Frenzel

Wedel. Die Arbeitslosenselbsthilfe Wedel wird heute beim Amtsgericht in Pinneberg Insolvenz anmelden. Der Grund: Das Finanzamt Itzehoe fordert etwa 70 000 Euro als Nachzahlung - Geld, das nicht in der Kasse ist. Und das könnte noch nicht alles sein. Der Vorstand des Vereins rechnet mit weiteren Nachforderungen, die insgesamt die Summe von 200 000 Euro übersteigen.

"Wir müssen die Reißleine ziehen", sagt Irmgard Jasker. Sie gehört zum Vorstand der Organisation, die in den 80er-Jahren und 90er-Jahren mit Projekten wie dem Kommunalen Fahrrad und dem Programm "100 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose" bundesweit als Modell für Arbeitsloseninitiativen gehandelt wurde.

Neben Arbeitsplätzen in Betrieben und dem öffentlichen Dienst, die damals dank Lohnkostenzuschüssen eingerichtet wurden, gründete die Arbeitslosenselbsthilfe auch eine eigene Dienstleistungs-Genossenschaft. Später wurde sie auf Anraten eines Steuerberaters in einen Zweckbetrieb innerhalb des Vereins umgewandelt.

"Wir haben in Absprache mit heimischen Betrieben Aufträge angenommen, die auch der einfache Hausmann hätte erledigen können, wie Malen, Tapezieren, beim Umzug helfen", sagt Hans-Günther Werner, langjähriger Geschäftsführer, Gründer und Motor des Vereins. Das Prinzip: Arbeitslose übernahmen die Jobs, und zwar freiwillig. "Das war eine ganz niedrigschwellige Wiedereingliederung", sagt Hans-Günther Werner.

Entlohnt wurde als "milde Gabe", quasi eine Art Geschenk, ohne jeden Anspruch. So habe der Steuerberater damals geraten, um den Empfängern, in der Regel Hartz-IV-Beziehern, zusätzlich etwas zukommen zu lassen.

Doch beim Finanzamt in Itzehoe war man offenbar mit diesem Verfahren nicht einverstanden. Zuerst gab es Nachforderungen für die Lohnsteuer. Nach vielen Gesprächen einigte man sich, auf Lohnsteuerkarte mit Freibetrag zu arbeiten. So entfiel letztlich diese Steuer.

Doch damit waren die Probleme nicht gelöst. Seit mehreren Jahren wird über eine höhere Umsatzsteuer gestritten. Statt sieben, wie der Verein sie in Rechnung stellte, sollten 19 Prozent bezahlt werden. Umstritten ist zudem, ob nicht auch noch Körperschaftssteuer anfällt, wenn nämlich der Umsatz nach Abzug der Geschäftsausgaben als Gewinn gerechnet wird.

Immer wieder verhandelten Finanzamt, Ministerium und Landespolitiker mit dem Geschäftsführer der Arbeitslosenselbsthilfe. Vor drei Jahren mussten 14 000 Euro Steuern nachgezahlt werden. Mit Hilfe von Bürgen konnte ein günstiger Kredit aufgenommen werden, der bis heute zurückgezahlt wird.

Nachdem im gleichen Jahr Irmgard Jasker und eine Freundin in den Vorstand eingestiegen waren, suchten sie nach weiteren Unterstützern. Der Petitionsausschuss des Landtags holte im Februar 2010 auf Drängen des Reinbeker CDU-Abgeordneten Mark-Oliver Potzahr Vertreter des Finanzministeriums, des Finanzamtes und des Vereins in Kiel an einen Tisch - einen Tag vorher erlitt der amtierende Geschäftsführer Hans-Günther Werner einen Herzinfarkt.

Im Februar-Gespräch räumte das Finanzamt noch eine letzte Frist ein: Bis Ende März sollte ein "Großteil" der bislang geforderten Summe in Höhe von 70 000 Euro gezahlt werden. Doch das konnte der Verein nicht mehr leisten.

Das riesige Problem: Die sechs ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder müssen für die Schulden des Vereins jetzt sehr wahrscheinlich persönlich haften.

Und was wird aus den Menschen, die der Verein bislang betreut hat. "Ich hoffe, dass es irgendwie eine Nachfolge gibt und das Zentrum neben dem Bahnhof erhalten bleibt", sagt Irmgard Jasker. Bürgermeister Niels Schmidt, der die große soziale Leistung des Vereins lobt, weil er Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, betreut hat, verspricht: "Wir sind gesprächsbereit, damit diese Arbeit fortgeführt werden kann."

Artikel versenden

Die Wedeler Arbeitslosen-Selbsthilfe ist am Ende

Finanzamt fordert zigtausend Euro Steuern nach, doch die Kasse des Vereins ist leer. Jetzt haftet der Vorstand.